Geschichte

Die Geister schlummern längst…

Die Villa Micka. Heute vor genau 100 Jahren stellte Heinrich Micka den Bauantrag für das Anwesen. Jetzt wird das idyllische Fleckchen verkauft.


Die Villa Micka – ein Prachtbau, der sowohl Spukschloss als auch Dornrösschen-Schloss sein könnte.

VON SZ-MITARBEITER – MICHAEL BENDER

Dudweiler. Im Schein der Mittagssonne wirkt die Villa Micka märchenhaft. Wie ein uraltes Schloss, dessen Geister längst schlummern. Verspielte Ornamente und Skulpturen, Türmchen, Erker und Balkone zieren den Prachtbau in der Saarbrücker Straße in Dudweiler – eine Mischung aus Jugendstil und Gründerzeit. Vögel zwitschern fröhlich, Bäume wiegen sich im Wind. Doch das alte Gemäuer hat auch seine Schattenseite – und zwar im Norden. Dort liegt die Front des Hauses, deren Steine im Lauf der Jahre wenig licht abbekommen haben und dunkler geworden sind. Von hier aus wirkt die Villa düster, ja unheimlich – wie ein Spukschloss oder ein Geisterhaus aus einem Horrorfilm.

Grimmig dreinblickende Widderköpfe sind in die Säulen des Eingangs-Portals eingearbeitet. Auf der Giebelspitze thront eine Eule aus Stein, die jeden Besucher argwöhnisch zu beäugen scheint. War da nicht ein Zwinkern? Nein, Licht und Schatten spielen dem Betrachter manchmal einen Streich. Aber da flattert doch etwas. „Es gibt viele Tauben dort oben“, erklärt Petra Ackermann, eine Ur-Enkelin des Erbauers Heinrich Micka, und fügt hinzu: „Auch einige echte Eulen haben sich unterm Dach eingenistet.“ Alle Darstellungen von Personen in der Fassaden-Verzierung tragen Züge von Verwandten und Bekannten des Bauerherrn. Am Sockel des Erker-Turms ist ein Porträt von Heinrich Micka und dem Steinmetz Kuhn eingemeißelt, dazu der Spruch „Ohne Fleiß kein Preis“.

„Der erste Micka – Carl – war Maurer und kam 1758 aus Prag nach Dudweiler“ Petra Ackermann erklärt: „Das war das Motto meines (Ur- Großvaters).“ Die 47-Jährige zeigt auf weitere Ornamente: einen Bienenkorb als Sinnbild des Fleißes, die Darstellung von Hunden und Händen als Sinnbild der Treue..

Auf dem Weg nach drinnen kommt man an einem kleinen, mit Gras bewachsenen Hügel neben der Eingänge- Treppe vorbei – einem Urnengrab der Römer, das 1846 entdeckt wurde.

In der Villa riecht es nach altem Haus. Ein großer, alter Tresor steht in der Eingangshalle, von der aus eine Treppe auf eine Galerie führt. Petra Ackermann öffnet den Geldschrank, der mit vergilbten Dokumenten vollgestopft ist. Sie nimmt das oberste, entfaltet es. „Im Namen des Königs“ steht in altdeutschen Lettern darauf. Ein Gerichtsbrief von 1903. Dann holte sie den Stammbaum der Familie Micka hervor und erzählt: „Der erste Micka – Carl – war Maurer und kam 1758 aus Prag nach Dudweiler.“ Die Villa wurde aber erst um die Jahrhundert-Wende erbaut. Der Erbauer starb 1939 auf tragische Weise. Er wurde in einem der angrenzenden Stallgebäude von einem Pferde-Fuhrwerk zerquetscht“, erzählt die Ur-Enkelin. Bei der Führung durchs Haus zeigt sie vor allem die wunderschönen, bleiverglasten Fenster und erklärt: “ Durch das Fenster im Treppenhaus ist im Zweiten Weltkrieg eine Bombe direkt in die Diele gefallen, aber nicht explodiert. Das Blumenfenster im Wohnzimmer wurde vor ein paar Jahren von Randalierern kaputt geworfen. Man merkt ihr an. dass sie das Haus liebt: „Ich wohne seit meinem fünften Lebensjahr hier und bin sehr traurig, dass wir die Villa verkaufen müssen. Aber sie steht unter Denkmalschutz und die Miete reicht nicht, um die Villa in Stand zu halten. Deshalb suchen wir jemanden, der das 28 000 Quadratmeter große Gelände mit der Villa und den restlichen Gebäuden kauft und wieder im den Originalzustand versetzt.“ Also jemanden mit Geld, Fleiß und Herzblut, um die Geister des Verfalls zu vertreiben und das Dornröschen-Schloss wach zu küssen.

HINTERGRUND

Der Bauantrag für die Villa Micka in Dudweiler wurde vor heute genau 100 Jahren, am 26. April 1904, gestellt. 1906 begann Heinrich Micka dann mit dem Bau. 1912 wurde der letzte Fassadenschmuck fertig. 1939 starb Micka. Sein Sohn Heinrich war auch Bauingenieur, seine Leidenschaft war aber die Vogelzucht. Er beschäftigte sich nicht weiter mit dem Baugewerbe. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Villa beschädigt, danach nahmen die Franzosen alles Wertvolle als Reparationen mit. Die 2001 verstorbene Gertrude Micka ließ die Villa und die umliegenden Gebäude zur Vermietung herrichten. Es leben noch drei Ur-Enkelinnen und eine Enkelin des Bauherrn.

Quelle: Saarbrücker Zeitung vom 26. April 2004

Die Villa Micka heute

Haupteingang


Im Winter


1. OG Wintergarten

Haupteingang mit Turm

Vorderansicht Mitte


EG Fenster Wohnzimmer


Bleiverglastes Fenster zur Diele

Eingang

Turmzimmer


Ohne Fleiß kein Preis


Bienenkorb Sinnbild des Fleißes

Die 4 Jahreszeiten

Hund & Hände Sinnbild der Treue
Die Villa Micka 1912